© Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts – Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung (2. Band), herausgegeben vom Österreichischen Architekten-Verein, Verlag von Gerlach & Wiedling, Wien, 1906, Wikipedia
Palais von Freiherr Albert von Rothschild in der damaligen Heugasse 26 im 4. Wiener Gemeindebezirk

Ausstellung:

Streik! 40 Jahre großer britischer Bergarbeiterstreik 1984/85

Eine Ausstellung des Instituts für Historische Sozialforschung (IHSF), Wien, und der Martin Parr Foundation (MPF), Bristol.

Kuratoren IHSF: Tom Juncker, Florian Wenninger
Kurator MPF: Isaac Blease
Grafik: Michael Schneider, modular+ 

Der britische Bergarbeiterstreik 1984/85 war mehr als ein Arbeitskampf. Er war der erste und letzte Versuch in Europa, der neoliberalen Wende Massenwiderstand entgegenzusetzen.

Die Vorgeschichte

Die konservative Regierung unter Margaret Thatcher verfolgte eine Politik der Privatisierung und Deregulierung. Die schärfsten Gegner dieses neoliberalen Kurses waren die Gewerkschaften, darunter besonders die kampfstarke Bergarbeitergewerkschaft National Union of Mineworkers (NUM). Ein NUM-Streik hatte 1974 zum Sturz einer konservativen Regierung geführt, der Margaret Thatcher als Unterrichtsministerin angehört hatte. Sie vergaß der NUM diese Niederlage nicht. Nachdem Thatcher 1979 Premierministerin geworden war, begann sie umgehend, sich auf eine neuerliche Konfrontation mit der NUM vorzubereiten. Sie erließ eine Reihe gewerkschaftsfeindlicher Gesetze und ließ große Reserven an Kohle und Öl anlegen. Die Gesetze schufen die Möglichkeit, Polizei und Gerichte gegen Streikende einzusetzen. Bis oben hin gefüllte Kohledepots und Öltanks sollten die Auswirkungen eines Bergarbeiterstreiks auf den britischen Energiesektor dämpfen.

„Wir beugen uns nicht“: Der Streik

Strategisch klug, am Ende der Heizsaison, wurden im März 1984 Zechenschließungen und Massenentlassungen angekündigt. Die Schließung der Zechen bedeutete für ganze Regionen in Wales, Nordengland und Schottland den wirtschaftlichen Ruin.

Es folgte ein einjähriger, erbitterter Arbeitskampf. Der Zusammenhalt der Bergleute war auch deshalb so stark, weil sie nicht nur gemeinsam arbeiteten, sondern auch gemeinsam in den Ortschaften rund um die Zechen lebten. Hier streikten nicht nur die Beschäftigten einer Branche. Hier kämpfte ein ganzes Milieu um seine Existenzgrundlage.

Die Regierung Thatcher ging dagegen mit aller Härte vor. Zum Teil bewegte sie sich dabei an der Grenze der Legalität, vor allem durch brutale Polizeieinsätze. Eine besondere Rolle spielten während des Streiks zudem rechte Boulevard-Zeitungen. Sie verstärkten das Narrativ der Regierung, der Streik sei unrechtmäßig und bedrohe die öffentliche Ordnung, sei gar ein Anschlag auf das demokratische System.

„Schlagen sie einen, schlagen sie alle“: Solidarität

Auf der anderen Seite kam es im ganzen Land zu Unterstützungsaktionen für den Streik. Zum Teil bildeten sich dabei überraschende Allianzen. Der Bergbau galt als Job für harte Kerle, die Miners als raue Gesellen. Nun eilten ihnen Kulturschaffende, Feministinnen und Homosexuelleninitiativen zur Hilfe.

Auch im Rest Europas löste der Kampf der Kumpel eine Welle der Solidarität aus, so auch in Österreich. Es wurden Veranstaltungen organisiert, Spenden gesammelt und Kinder von Streikenden auf Erholungsurlaube eingeladen.

Nach einem Jahr brach der Streik zusammen. In den darauffolgenden Jahren wurden die Bergwerke nach und nach geschlossen – auch profitable Gruben, deren Erhalt die Regierung während des Streiks versprochen hatte. Wirtschaftlich, sozial und psychologisch haben sich die betroffenen Regionen bis heute nicht von diesem Schlag erholt.

„… den Kampf, nicht unser Gesicht verloren“: Das Erbe

Obwohl er in einer Niederlage endete, wurde der Miners’ Strike 1984/85 ein Symbol für Stolz und Widerstandsgeist, für  trotzigen Selbstbehauptungswillen – und für die Kraft der Solidarität. Der Streik fand Eingang in Musik, Literatur und Film und inspiriert Menschen bis heute.